Wer heute in Deutschland ein neues batterieelektrisches Fahrzeug (BEV) der Kompaktklasse kauft, hat niedrigere Gesamtbetriebskosten als beim benzinbetriebenen Pendant. In der Kleinwagen-Kategorie sind die Kosteneinsparungen geringer und verschwinden ohne Kaufprämie ganz. Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung die aktuelle Förderung Ende 2025 auslaufen lassen will, ist dies ein Problem für die beschleunigte Elektrifizierung des Individualverkehrs.
Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der gemeinnützigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT), die die Gesamtbetriebskosten von benzinbetriebenen und batteriebetriebenen Modellen im Kleinwagen- und Kompaktwagensegment vergleicht und ein sozial ausgerichtetes Förderkonzept vorstellt.
Bei der Betrachtung der Gesamtkosten für Kauf und Betrieb eines Fahrzeugs spielen Faktoren wie Förderungen, Steuern, Wartung und Kraftstoffkosten eine ebenso wichtige Rolle wie der Anschaffungspreis des Fahrzeugs. Die Analysen des ICCT zeigen dabei im Kompaktsegment einen klaren Kostenvorteil der BEV-Optionen gegenüber ihren benzinbetriebenen Pendants.
„Der Markt für batterieelektrische Autos entwickelt sich sehr schnell. Verglichen mit Benzinern ist der Elektroantrieb im Kompakt- und Kleinwagensegment in Deutschland auch finanziell eine sinnvolle Option. Wenn das Auto mindestens vier Jahre gehalten wird, gleichen niedrigere Betriebskosten und aktuelle Förderungen die Differenz zu einem höheren Kaufpreis aus“, sagt Dr. Sandra Wappelhorst, Mitautorin der Studie und leitende Wissenschaftlerin am ICCT.
Die Studie vergleicht die Gesamtbetriebskosten von zwei ähnlichen Fahrzeugen der Kompaktklasse: einem batterieelektrischen VW ID.3 Pro und einem benzinbetriebenen VW Golf VIII Style 2. Die Kosteneinsparungen des Elektromodells über vier Jahre belaufen sich auf 5.100 Euro (49.900 Euro vs. 55.000 Euro). Unter Berücksichtigung der Kaufprämie für Elektroautos sinken die Gesamtkosten des BEV (42.700 Euro) und der Kostenvorteil erhöht sich auf 12.300 Euro.
Im Kleinwagensegment ergibt sich ein anderes Szenario als bei der Kompaktklasse. Vergleicht man die Gesamtkosten eines batterieelektrischen Dacia Spring Extreme Electric 65 mit denen eines benzinbetriebenen Toyota Aygo X 1.0, ist der Dacia über den Zeitraum von vier Jahren zunächst 6.000 Euro teurer (34.000 Euro vs. 28.000 Euro). Berücksichtigt man jedoch zusätzlich die Kaufprämie, so ist auch hier das BEV mit Gesamtkosten von 26.900 Euro die wirtschaftlichere Wahl, was einer Ersparnis von etwa 1.100 Euro gegenüber dem Benziner entspricht.
„Die Kaufprämie ist ein wichtiges Instrument, um die Wettbewerbsbedingungen für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge im Kleinwagensegment zu verbessern. Sollte diese Förderung auslaufen, wird ein großer Teil der Bevölkerung ohne bezahlbare Elektromobilitätsoption dastehen. Dies ist umso problematischer, wenn man bedenkt, dass der Markt für gebrauchte Elektrofahrzeuge noch unterentwickelt ist“, warnt Kyle Morrison, Hauptautor der Untersuchung.
Über 40 Prozent der deutschen Haushalte haben ein Nettoeinkommen von 2.600 Euro oder weniger im Monat. Und nur ein Drittel derjenigen, die zwischen 1.700 und 2.600 Euro netto im Monat verdienen, besitzt laut offiziellen Statistiken einen Neuwagen. Geringverdiener bedienen sich vielmehr meist auf dem Gebrauchtwagenmarkt, der jedoch noch kaum elektrische Optionen bereithält. Hier könnte eine Neugestaltung der Kaufanreize für BEV helfen, Belastungen für einkommensschwächere Gruppen zu verringern und den Zugang zur Elektromobilität zu erleichtern. Deshalb haben die Studienautoren ein einkommensabhängiges Förderkonzept für den Kauf von BEV entwickelt. Der Vorschlag sieht eine Einkommensobergrenze von 5.000 Euro netto für die Förderung vor und verdoppelt dafür den aktuellen Förderbetrag von 7.200 Euro auf 14.400 Euro. Von einer solchen Änderung des Anreizprogramms würden somit Haushalte mit niedrigerem Einkommen am meisten profitieren.
„Kleine batteriebetriebene Elektroautos können ihren Marktanteil in Deutschland steigern, wenn gut konzipierte politische Instrumente zur Förderung der sozialen Teilhabe vorhanden sind. Ein sozial angelegtes Förderprogramm für neue BEV ermöglicht es, diesen Prozess zu beschleunigen. Es kann dabei helfen, die Vorteile der Elektromobilität auf eine breitere Bevölkerungsschicht auszuweiten und die Emissionen potenziell schneller zu reduzieren“, sagt Morrison.
In der ersten Jahreshälfte 2023 lag der Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge an den Neuzulassungen in Deutschland bei 14 Prozent. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 13 Jahren wird jedes neu zugelassene Benzin- oder Dieselfahrzeug noch lang zu den Emissionen des Bestands beitragen.
PM/ Susana Irles